Wie B2B-Unternehmen von der Plattform-Ökonomie profitieren

Er ist das Herz jedes Dorfes, jeder Stadt: der Marktplatz. Hier werden Waren gehandelt, meist aus der Landwirtschaft. Alles was man braucht, findet man einem Ort und zu günstigen Preisen. Die Idee des Marktplatzes ist in der digitalen Welt aktueller denn je. Anbieter erreichen mit einem Schlag eine große Zahl von potenziellen Kunden, die wiederum hier Produkte und Services bekommen, nach denen sie sonst aufwändig suchen müssten. Im Privaten nutzen wir solche Marktplätze gerne: Wir kaufen Waren über Amazon Marketplace, fahren mit Uber oder wohnen weltweit in Appartements, vermittelt von AirBnB. Eines haben die genannten Marktplätze gemeinsam: Weder Amazon noch Uber noch AirBnB gehören alle Waren, Autos, Appartements, die dort angeboten werden, sie vermitteln diese meist nur.

Marktplätze in der digitalen Welt

In der digitalen Welt werden Marktplätze auch Plattformen genannt, weil sie häufig über den Gedanken eines reinen Warenumschlags hinausgehen. Diese Plattformen haben riesiges Potenzial – auch in B2B-Branchen. Zwar sind die Skaleneffekte und damit die Einsparpotenziale geringer als bei B2C-Plattformen, das hat allerdings den Vorteil, dass nicht nur wenige große Unternehmen diesen Markt dominieren können. Zu diesem Schluss kommt eine Studie zu B2B-Plattformen der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2021. Demnach entwickeln sich diese Plattformen derzeit von transaktionsbasierten Marktplätzen zu integrierten Plattformen im Internet der Dinge, mit standardisierten Schnittstellen und dem Ziel, digitale Ökosysteme zu schaffen. Das hohe Branchen-Know-how und der Zugang zu Maschinen- und Kundendaten verschaffe der deutschen Industrie gute Chancen, Plattformen im B2B-Segment erfolgreich zu etablieren und dadurch ihren relativ hohen Wertschöpfungsanteil zukünftig auszubauen, so die Autoren der Studie.

Doch was ist überhaupt eine digitale Plattform?

Die Plattformökonomie hat sich über vier Generationen entwickelt:

  1. Generation: Transaktionszentrierte Marktplätze. Diese Plattformen bringen Wettbewerber auf dieselbe Infrastruktur und bieten so ein umfangreiches Sortiment. Die Marktplätze sind im Grunde Listen mit Produkten, sie bieten einfache Such- und Filterfunktionen sowie Bewertungen von Nutzern. B2C-Beispiele sind Amazon und ImmoScout24, für B2B lassen sich Mercateo oder XOM Materials, der Marktplatz des Stahlhändlers Klöckner&Co, nennen.
  2. Generation: Auf diesen Plattformen lösen sich die Rollen von Anbietern und Nachfragern auf. Kunden der Plattform können beide Rollen einnehmen. Die Plattformen bieten erweiterte Services wie Kontaktmöglichkeiten zwischen den Teilnehmern. B2C-Beispiele sind AirBnB oder eBay.
  3. Generation: Diese Plattformen sind datenzentriert und vernetzen Nutzer, Geräte und Services, sie ermöglichen neue Geschäftsmodelle und Erlöse. Diese Plattformen bieten Automatisierungen, etwa für das Matching oder für Buchungen und Transaktionen. Sie sind interessant für B2B-Unternehmen und Dienste rund um das Internet der Dinge. Ein B2B-Beispiel ist MAX von TK Elevator, das Aufzüge überwacht und den Techniker ruft, bevor der Aufzug ausfällt. Ein weiteres Beispiel bietet Schuler, das seine Pressen mit Sensoren überwacht, ebenfalls für die vorausschauende Wartung.
  4. Generation: In diesen Ökosystemen erbringen alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette ihre Leistungen gemeinsam, wobei sich die Teilnehmer nicht unbedingt kennen müssen. Beispiele sind die App-Stores von Apple und Google, wo zigtausende Entwickler und Partner ihre Apps einem weltweiten Millionenpublikum anbieten können. Um die Abrechnung kümmern sich Apple und Google, die selbst diese Entwicklungen nicht leisten könnten. Im B2B-Bereich sind hier IoT-Betriebssysteme zu nennen wie MindSphere von Siemens.
    Das ist aber nicht das Ende der Entwicklung. Die nächste Generation steht schon vor der Tür:
  1. Generation: Diese Plattformen, die erst in der Entwicklung sind, werden neue Möglichkeiten durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz mit sich bringen, etwa für Effizienzsteigerungen oder in der Roboterisierung.

Wie funktioniert das Geschäftsmodell?

Mit den Plattformgenerationen hat sich auch die Art der Monetarisierung weiterentwickelt: von einer Gratisnutzung in der ersten Generation, über Mitgliedsbeiträge in der zweiten Generation, bis zu wachsenden Transaktionsgebühren in der dritten und vierten Generation.

Damit die Transformation der deutschen Wirtschaft ein Erfolg wird, ist die Einbindung etablierter KMU aus dem verarbeitenden Gewerbe erforderlich. Trotz zahlreicher positiver Beispiele sei eine Zurückhaltung der KMU in Deutschland vorhanden, so die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Sorge um die Datensicherheit, der IT-Fachkräfteengpass und das dadurch fehlende informationstechnische Know-how, aber nicht zuletzt das fehlende Bewusstsein für konkrete wirtschaftliche Chancen der Digitalisierung seien laut der Studie wesentliche Gründe.

Dabei bietet der Plattformgedanke große Chancen gerade in Branchen mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die großen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung haben. Eine solche Branche ist die Wohnungswirtschaft. Dort blieben bisher viele Ideen für digitale Services, etwa zur Energieeinsparung, ungenutzt. Zwar gibt es viele Betriebe, die die Technik dafür anbieten, doch fehlt den Betreibern von Mietwohnungen der Überblick, diese Technologien zu nutzen.

Innovation made in Bochum: realeasy – die B2B-Plattform

Hier setzt realeasy an. Das Start-up mit Sitz in Bochum hat eine B2B-Plattform der dritten Generation aufgebaut, die Anbieter und Nachfrager für Technologien und Dienstleistungen zur Digitalisierung von Gebäuden, Prozessen und zur Steigerung der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Lebenszyklus der Gebäude zusammenbringt. In dem offenen Ökosystem können alle Marktteilnehmer miteinander Marktangang-, Produkt- und Service-Allianzen eingehen. Dadurch entstehen Netzwerkeffekte mit deutlichem Mehrwert für alle Teilnehmer. Die Plattform ist kein Vertragspartner, sondern nur Vermittler und finanziert sich ausschließlich aus Provisionen.

„realeasy geht weiter als reine Marktplätze. Es ist ein Ökosystem für neue Dienstleistungen“, so Hamidreza Hosseini, CEO von ECODYNAMICS, das die Plattform gemeinsam mit logicline für realeasy aufgebaut hat. Hartmut Conrad, Geschäftsführer von realeasy: „Sensorspezialisten, Heizungshersteller, Netzwerkbetreiber und andere können bei uns künftig einzigartige Angebote komponieren, die es so bisher noch nicht gab.“